Mein erstes alpines Abenteuer: Einmal quer über die Alpen

Ich liebe Wandern, aber so richtig wirklich hoch hinaus hatte es mich eigentlich nie verschlagen. Da Skifahren ebenfalls nicht so meins ist, gab es auch nicht wirklich einen Grund, denn meine Leidenschaft war – und ist bis heute! – einfach das Wandern und das geht ja auch prima im Mittelgebirge (oder sogar im Flachland). Als die Idee zur Alpenüberquerung geboren wurde, war ich aber gleich Feuer und Flamme. Wie es genau dazu kam, weiß ich gar nicht mehr. Den Entschluss fassten wir (fünf Freunde und ich, alle wanderbegeistert) gut zehn Monate vor der eigentlichen Realisierung. Ich glaube, wir hatten einfach mal Lust, was richtig Großes und Anstrengendes zu machen und einen echten Klassiker mitzuerleben.

Alpenüberquerung- Planung und Vorbereitung

Wir beschlossen, die Alpen auf eigene Faust zu überqueren, und nicht mit einer Bergschule. Immerhin waren wir ja zu sechst, jeder brachte also ein paar Erfahrungen mit und die meisten waren auch schon mal in alpinen Gefilden unterwegs gewesen. Ganz klassisch wollten wir in Oberstdorf starten und bis zum Vernagt-Stausee bzw. Meran gehen, also auf dem E5. Das waren bei unserer Variante sechs Wandertage, straffes Programm. Es wurde eine Woche Ende August/Anfang September festgelegt und dann reservierten wir schon mal die Schlafplätze in den einzelnen Hütten. Das solltest du übrigens auch tun, wenn du die Alpen in den Sommermonaten überqueren willst und erst recht, wenn du (wie die meisten) am Wochenende startest. Zur weiteren Inspiration schauten wir uns eine Doku im Fernsehen an, in der eine generationenübergreifende Gruppe die gleiche Tour machte. Danach stand fest: Das können wir auch. Und das war es dann eigentlich auch erst einmal mit der Planung. Alles andere organisierten wir kurz vorher, Tipps & Infos holten wir uns im Internet und Wanderausrüstung war sowieso vorhanden.

Alpen

Mächtig, wunderschön und beeindruckend: die Alpen!

Ein einziges Auf und Ab

Nach Oberstdorf fuhren wir mit dem Flixbus. Das dauerte ab Düsseldorf zwar ewig, aber es war einfach die günstigste Alternative. Die Wetteraussichten waren bestens und die Stimmung ebenfalls. Wir kamen abends an und am nächsten Morgen ging es nach einem ordentlichen Frühstück ab Oberstdorf-Spielmannsau los. Und was die nächsten Tage also folgte war ein ordentliches bergauf und bergab. An jedem Tag geht es entweder weit über 1.000 Meter rauf oder runter (oder beides) und du legst so zwischen 15 und 20 Kilometer täglich zurück. Den ersten Tag fand ich persönlich bereits anstrengender als den gesamten Jakobsweg, also von der Kondition und Herausforderung her. Es war aber einfach unglaublich inmitten der Berge, die Blicke auf die Gipfel oder in die Täler – ich habe mir oft ein bisschen mehr Zeit gewünscht, um all das richtig genießen zu können. Denn während du gehst, solltest du unbedingt auf deinen Weg achten und nicht Hans-Guck-In-Die-Luft spielen. Manche Pfade sind zwar leicht und bequem, aber oft genug sind es auch Wege aus Geröll oder du musst von Stein zu Stein springen. An besonders kniffligen Stellen sind auch Hilfsseile angebracht – auf die ich alle zurückgegriffen habe. Wir hatten auch ein kleines Schneefeld. Meine Schuhe besitzen auf jeden Fall kein rutschfestes Profil!

Ist die Alpenüberquerung auf dem E5 gefährlich?

Hatte mich vorher jemand gefragt, ob ich schwindelfrei und trittsicher bin, habe ich gesagt: „Ja, glaub schon.“ Ich denke, so richtig weißt du das erst, wenn du einmal in den Bergen warst. Ohne meine Wanderstöcke wäre ich verloren gewesen. Steil hoch geht auf jeden Fall besser als steil runter. Und auf 2.900 Metern Höhe war ich wegen der dünnen Luft schon nach einer halben Stunde so k.o. wie nach einem gesamten Tag. Während sich andere wie Bergziegen von Fels zu Fels bewegten, tastete ich immer erst nach der nächsten Trittfläche und der Blick nach unten, gefühlt mindestens einen Kilometer tief, hat immer wieder Herzklopfen bei mir ausgelöst. Es gab sicher zwei, drei Stellen, die ich gar nicht erst angefangen hätte, wenn ich vorher gewusst hätte, was da auf mich zukommt. Umso schöner war natürlich das Gefühl, nachdem ich auch die erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Nun also zurück zur Frage: Ob ich schwindelfrei und trittsicher bin? Ich würde sagen, nur bedingt. Aber es wurde im Laufe der Tage echt besser und als der Vernagt-Stausee in Sicht kam, trippelte ich sicher auch schon deutlich Bergziegen-gleicher dem Ziel entgegen.

Alpenüberquerung

Immer wieder ein schöner Moment: Wenn am Ende eines Tages das Etappenziel sichtbar wird.

Wie viel kostet so eine Tour ungefähr?

Eine Alpenüberquerung ist nicht unbedingt das Mega-Schnäppchen – aber du erlebst unendlich viele unbezahlbare Momente und Aussichten! Prinzipiell gilt: Je höher die Hütte, desto teurer das Essen und die Übernachtung. Auch für eine warme Dusche wird meist extra kassiert, Hartgesottene können hier also ein paar Euro sparen. Eine Übernachtung lag ungefähr bei 22 Euro (im Matratzenlager ohne DAV-Mitgliedschaft). Mittags brauchst du ja auch auf jeden Fall eine Stärkung, da bist du noch einmal mindestens einen Zehner los. Pi mal Daumen hat mich die Woche (ohne An- und Abfahrt) mindestens 400 Euro gekostet. Und da waren jetzt keine großen Extras bei. Wie sich die Kosten so verteilen, kannst du prima im Internet nachlesen.

Allein, mit Freunden oder mit der Bergschule?

Mit wem du die Alpen überquerst, hängt von deinen Erfahrungen ab. Ganz allein wäre für mich persönlich nicht infrage gekommen, dafür war mir die Nummer dann doch ein wenig zu groß. Aber auf eine organisierte Überquerung hätte ich auch keine Lust gehabt, weil ich grundsätzlich keine Gruppenreisen mag. Deshalb war ich natürlich sehr froh, eine Handvoll ähnlich tickender Freunde zu haben. Wir hatten auch von Vornherein festgelegt, dass am besten nie jemand ganz allein geht und sich zumindest Zweiergrüppchen bilden. Ziemlich schnell kristallisierte sich sowieso raus, dass wir zwei Durchstarter, zwei im Mittelfeld und zwei Schlusslichter waren – passte also perfekt! Die begrenzten Übernachtungsmöglichkeiten auf dem E5 sorgen fast automatisch dafür, dass es eigentlich nie wirklich überlaufen ist. Streckenweise bist du mutterseelenallein unterwegs. Die Bergschulen laufen aber ebenfalls den klassischen Weg. Früher oder später kommen sie in Sicht (es sei denn, du überholst sie alle, aber dann kannst du immer noch auf sie warten, wenn du dich einsam fühlst). Ausgeschildert ist soweit alles prima.

Alpen_überqueren

Sicher eine der anstregendsten Wochen meines Lebens, aber auch eine der besten!

Was ich wieder und was ich anders tun würde

Wir sind am Ende noch zwei Tage in Meran geblieben. Das kann ich dir auch nur empfehlen. Die Stadt ist wirklich schön und es war einfach toll, am nächsten Tag ganz viel Pizza zu essen und im Freibad abzuhängen. Immerhin wartete auf uns ja noch eine Tortur: die Rückfahrt mit dem Flixbus … ich glaub 16 Stunden hat die gedauert. Jedenfalls denke ich bis heute noch gern und auch ein bisschen voller Stolz an die Alpenüberquerung zurück. Irgendwann starte ich mal wieder so eine Tour. Oder kehre zurück in die Alpen, vielleicht sogar auf den E5. Dann aber mit mehr Ruhe. Ich würde mir mehr Zeit nehmen und nur die Hälfte der jeweiligen Tagesetappen gehen, um am Nachmittag noch die Gelegenheit zu haben, den jeweiligen Hausberg der Hütte zu erklimmen oder andere Abstecher zu machen. Denn es muss ja keinesfalls der E5 sein. In den Alpen gibt es tausende tolle Wanderwege und Hütten. Bei der Alpenüberquerung stand ganz klar auch der sportliche Ehrgeiz dahinter. Generell bin ich aber mehr der „Der Weg ist das Ziel“-Typ.

Vielleicht hast du ja einen Tipp für mich, wohin mein nächstes alpines Unterfangen gehen könnte?

 

Ulrike

Ulrike hat rund 15 Jahre Reiseerfahrungen, viele schöne Erinnerungen und immer neue Ideen im Gepäck. Nachdem der Jakobsweg ihrem Leben 2016 eine neue Richtung gewiesen hat, pendelt sie zwischen Deutschland und Spanien hin und her. Seit Anfang 2017 ist sie freiberufliche Redakteurin. Mehr unter www.ulrikekraenz.de.

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