My Traveling Piano

My Traveling Piano: Mit Musik im Gepäck rund um die Welt!

Interview mit Joe Löhrmann

Joe Joe Löhrmann ist Musiker und liebt das Reisen. Deswegen erfüllte er sich einen Traum und konstruierte sein eigenes fahrbares Klavier auf Rädern. Seither ist er mit seinem Piano und seinem Campervan unterwegs und begeistert die Menschen überall auf der Welt mit Klaviermusik unter freien Himmel. Wo er als nächstes spielt erfährst du auf mytravelingpiano.com und auf Facebook.

Wie bist du auf die Idee gekommen mit einem Klavier zu reisen?

Ich habe sehr früh als Kind angefangen Klavier zu spielen und ich bin schon immer gerne gereist. Ich habe ein Jahr in Frankreich verbracht, eins in Südamerika und ich war ein Jahr auf Weltreise. Das war toll, allerdings hat mir unterwegs immer das Klavierspielen gefehlt und ich dachte vor allem während der Weltreise „wie schade, dass man ein Klavier nicht mitnehmen kann“.

Im nächsten Moment dachte ich dann aber: „Wieso eigentlich nicht?“. Also fing ich an, Pläne zu schmieden, wie man es vielleicht möglich machen könnte. Ein Klavier mit Rollen musste her und ein Bulli. Seit ca. 3 Jahren ist mein Traum nun Realität. Ich lebe in meinem Bus, das Klavier ist immer dabei und ich kann überall, wo ich will, ein spontanes Klavierkonzert geben.

Warst du schon immer Musiker oder hast du zunächst etwas anderes gemacht?

Ich wusste lange nicht, was ich aus meinem Leben machen sollte. Ich hatte viele verschiedene Interessen und habe dann zunächst „was Solides“ – eine Ausbildung bei BMW gemacht, in der ich allerdings nicht glücklich war. Ich hatte schon nach sehr kurzer Zeit das Gefühl, dass das nicht das Richtige für mich ist. Beendet habe ich es aber trotzdem, weil „man das ja so macht“. Nach der Ausbildung bin ich dann auf Weltreise gegangen, das war wie ein Befreiungsschlag – endlich mal nur Dinge tun, auf die ich Lust hatte!

Als ich zurückkam, wollte ich unbedingt studieren, eine neue Sprache lernen, noch mehr Länder kennenlernen und hab daraufhin Internationales Tourismusmanagement studiert. Der Wunsch, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen und ein Traveling Piano zu verwirklichen, brannte jedoch so sehr in mir, dass ich kurz vor dem Abschluss dann zusammen mit meinem Vater das Traveling Piano gebaut hab!

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Was haben deine Familie und deine Freunde zu deiner Idee gesagt?

Meine engen Freunde und meine Familie waren ebenso begeistert von der Idee wie ich. Natürlich begegnen einem gerade bei unkonventionellen Ideen auch kritische Meinungen. Oft im Leben ist es so, dass man zweifelt oder sich fragt „Soll ich das tun, oder lieber doch nicht?“… Ich habe auf meinen Reisen und in vielen Situationen im Leben, die Erfahrung gemacht, dass Zweifel und Ängste großartige Erfahrungen verhindern können und es immer besser ist, sich für das „Ja“ zu entscheiden.

Ich wusste zu Beginn des Projektes überhaupt nicht, ob ich jemals von der Musik würde leben können, ich war unsicher. Hätte ich mich nicht für „Ja“ entschieden, würde es das Traveling Piano heute nicht geben. Ich wollte unbedingt meinen Traum und meine Leidenschaften verwirklichen und ich bin dankbar, dass ich viele liebe Menschen um mich hatte und habe, die mich immer unterstützt haben bzw. unterstützen. Ein positives Umfeld finde ich sehr wichtig.

Wie funktioniert der Transport?

Ich habe einen Transporter, der zum Wohnmobil umgebaut ist. Er ist sowohl meine Wohnung und Rückzugsort als auch Transportmittel für das Klavier. Das Klavier bekomme ich mit Hilfe von Rampen und Muskelkraft aus bzw. in den Transporter, wo es fest verzurrt hinter den Vordersitzen steht.

So habe ich immer alles zum Leben und Arbeiten dabei, was ich brauche: Das Klavier, mein eigenes Bett, einen kleinen Kühlschrank, Strom, eine Standheizung für den Winter, eine Weltkarte an der Wand zur Inspiration… Auf diese Weise kann ich spontan und unabhängig sein und leben. Das bedeutet Freiheit für mich und das ist mir sehr wichtig!

Hast du dein Klavier selbst gebaut?

Das erste Exemplar habe ich meinem Vater gebaut. Wir haben drei Monate lang zusammen daran gearbeitet. Das zweite aktuelle Traveling Piano ist eine Spezialanfertigung. Ich habe in den drei letzten Jahren sehr viel gelernt und meine gesamten bisherigen Erfahrungen sind in das neue jetzige Klavier eingeflossen. Diese Entwürfe habe ich dann von verschiedenen Firmen Stück für Stück bauen und perfektionieren lassen.

Was willst du mit deiner Musik bewirken? Wie reagieren die Leute auf dich?

Für mich ist es toll und immer etwas Besonderes, wenn die Menschen über meine Musik besondere und positive Momente im Alltag erleben und sich etwas Zeit nehmen… Über Musik lässt sich soviel ausdrücken und empfinden. Es gibt unzählige und ganz verschiedene Reaktionen. Manche Menschen kommen zur Ruhe, entspannen einen Moment von ihrem oft hektischen Alltag, andere fühlen sich inspiriert, z.B. ihren eigenen Traum zu verwirklichen, wieder andere sind zu Tränen gerührt.

Auch gibt es Kinder, die vor staunen vergessen, ihr Eis zu essen oder einfach zur Musik tanzen (das machen übrigens auch Erwachsene). Es passiert oft etwas Wunderbares und mein Arbeitstag lässt sich nie vorhersagen. Es ist zwar der schönste Job, den ich mir vorstellen kann, aber auch der anstrengendste. Neben tollen Tagen gibt es immer wieder auch sehr schwierige Tage. Ein Klavier durch die Gegend zu wuchten, ist nach wie vor sehr harte Arbeit und manchmal werden einem von Polizei, Ordnungsamt etc. echt viele Steine in den Weg gelegt. Das kann man nur durchhalten, wenn man zu 1oo% hinter seiner Idee steht.

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Was war bisher der außergewöhnlichste Ort an dem du gespielt hast?

Oh, da gibt es viele. Ein Beispiel für einen besonderen Ort ist z.B. ein Strand auf einer kleinen, noch kaum erschlossenen Insel im Süden Thailands, auf der ich ein Konzert am Strand gegeben habe. Wie so oft im Leben sind es für mich jedoch auch weniger die Orte, als die Menschen und die Atmosphäre, die einen Spieltag besonders werden lassen…

Stellst du Unterschiede je nach Städten und Ländern fest in der Reaktion deiner Zuhörer?

Hmm, das ist schwer zu sagen. Die Reaktion auf meine Musik und mein Projekt sind zwar immer in jeder Stadt und jedem Land sehr unterschiedlich, aber das kann ich nicht immer speziell an einer Region festmachen. Umstände, die in einer Stadt funktionieren, können in einer anderen ganz anders sein.

Ein Tag in einer Großstadt kann z.B. auch mal weniger erfolgreich sein, als ein Tag in einer Kleinstadt. Es ist nie vorhersagbar. Das bedeutet natürlich auch Unsicherheit, aber für mich ist das auch eines der schönsten Dinge an meinem Job. Es gibt keine Routinen und jeder Tag ist anders.

Welche Songs spielst du am Liebsten?

Natürlich wünschen sich viele Menschen bekannte Songs oder bleiben eher stehen, wenn sie eine bekannte Melodie hören. Am liebsten spiele ich aber meine eigenen Stücke. Ich habe neben meinem Debüt-Album „My Traveling Piano“ mit vielen bekannten Coversongs und Filmmusik im letzten Jahr ein Album nur mit eigenen Stücken rausgebracht. Die habe ich alle auf einer traumhaften Insel im Süden Thailands komponiert.

Das war ein weiterer Traum, den ich mir erfüllt habe – passend zu meinen Reisen mit dem Klavier heißt das Album „Follow The Sun“. Ich habe mein ganzes Herzblut in dieses Album gesteckt und dann ist es natürlich ein besonders tolles Gefühl, wenn meine eigene Musik bei den Menschen schöne Momente auslöst und sie positiv beeinflusst und inspiriert. Beide Alben kann man natürlich auch im Shop auf meiner Homepage bestellen.

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Spielst du auch mit anderen Musikern zusammen oder immer als Solist?

Manchmal spiele ich zusammen mit einer Sängerin. Wenn ich unterwegs bin, treffe ich auch oft andere Musiker und habe auch schon mit vielen spontan zusammen ein paar Stücke gespielt oder es haben sich spontane Sessions ergeben, dafür bin ich auch immer zu haben. Die meiste Zeit spiele ich aber als Solist.

Was sind deine nächsten Reiseziele?

Was die nächsten Tage und Wochen angeht, entscheide ich das immer sehr spontan und je nach Wetterlage. Die nächsten langfristigen Reiseziele gehen dann über Deutschland und Europa hinaus, ich würde z.B. gerne nochmal eine richtige Weltreise mit dem Klavier machen.

Du hast dir deine erste Weltreise schon mit der Musik finanziert? War das sehr schwierig?

Die Weltreise habe ich nicht komplett mit der Musik finanziert, aber in Teilen schon. Das war nicht immer leicht. Ich musste ja erst einmal Locations mit einem Klavier finden und dann auch noch abklären, ob die Interesse haben, mich auf irgendeine Art und Weise zu entlohnen, wenn ich dort spiele. Manchmal war es auch so, dass ich z.B. für Hotels gespielt habe und im Gegenzug dort wohnen und essen konnte. In Kunming in China z.B. habe ich täglich eine Stunde gespielt und dafür ein Zimmer und dreimal täglich Essen bekommen.

Abends habe ich dann immer noch in einem italienischen Restaurant gespielt und auch dort gab’s zusätzliche Verpflegung – mein Favorit: Schokopizza.
Ich habe nach der Weltreise auch regelmäßig in Restaurants, Hotels oder auf Kreuzfahrtschiffen gespielt. Das war für mich damals ein super Deal. Ich konnte reisen und Klavierspielen und habe damit auch noch Geld verdient. Heute macht es mir keinen großen Spaß mehr, nur die Hintergrundmusik zu spielen und ich nehme dementsprechend nur noch ausgesuchte Buchungsanfragen an.

Hast du Tipps für meine Leser, die auf Weltreise gehen wollen?

Ja, auf jeden Fall: Einfach machen! Im Zweifel auf jeden Fall für „Ja“ entscheiden und die Reise als eine besondere Zeit für sich selbst nutzen. Mich hat oft ein Zitat von Mark Twain inspiriert: „20 years from now you will be more disappointed by the things you didn’t do than by the ones you did do.“ Und ich glaube, das ist sehr wahr!
Für mich war es eine wichtige Erfahrung, zu vertrauen und immer offen zu sein für alles, was kommt.

Es können so viele tolle Sachen passieren, wenn man sich für „Ja“ entscheidet. „Soll ich die Gruppe von Locals in einem anderen Land ansprechen?“, Soll ich mich zu einer Fremden an den Tisch setzen?“ usw. Bei „nein“ passiert nichts, bei „ja“ kann es dein Leben verändern.

Welcher Ort ist noch ein Traum von dir, an dem du gerne spielen würdest?

Da gibt es sehr viele Orte, denn eigentlich möchte ich auf der ganzen Welt spielen. Aktuell reizt mich besonders eine Tour durch Asien. Dabei ergeben sich natürlich ganz neue Herausforderungen. Denn so ein 250kg schweres Klavier kann man leider nicht mal so eben im Flugzeug mitnehmen. Daher bin ich aktuell auf der Suche nach einem Partner, der mich bei den logistischen Herausforderungen bei so einer Weltreise unterstützt.

Nicht schlecht oder? Ich habe Joe vor ein paar Wochen in Berlin getroffen und ihn und sein Klavier live und in Action gesehen.

Vielen Dank für das Interview und ich bin schon sehr gespannt wie du dein Klavier nach Asien bekommst. Happy Traveling!

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