Die American Express Platinum war lange ein Statussymbol unter Vielreisenden: Loungezugang, Hotel-Upgrades, Reiseversicherungen, Punkteprogramme – alles in einer schicken Metallkarte für über 700 Euro im Jahr. Aber ist sie 2025 noch sinnvoll für digitale Nomaden, Remote Worker und Langzeitreisende, die in günstigen Ländern unterwegs sind und Wert auf Flexibilität legen?

Wir haben uns die Karte aus der Praxis angeschaut – und kommen zu einem klaren Urteil.

Was bietet die Amex Platinum?

Kurz und bündig – das sind die Hauptleistungen der Amex Platinum:

  • ✅ Zugang zu über 1.300 Flughafenlounges weltweit (Priority Pass, Centurion Lounges)
  • ✅ Status bei Hotelketten wie Hilton, Marriott & Co. (z. B. kostenloses Frühstück, Late Check-out)
  • ✅ Reiseversicherungen, Mietwagenvollkasko, Gepäck- & Reiserücktrittsschutz
  • ✅ Concierge-Service
  • ✅ Punkteprogramm (Membership Rewards)
  • ✅ Guthaben für Restaurants, Reisen, Shopping – offiziell im Wert von mehreren Hundert Euro
  • ✅ Kostenlose Zusatzkarten (z. B. für Partner oder Familienangehörige)

Auf dem Papier also ein Rundum-sorglos-Paket. Doch die Realität für digitale Nomaden sieht oft anders aus.

Akzeptanz: Kein Allrounder fürs globale Leben

Die wichtigste Einschränkung gleich vorweg: Amex wird nicht überall akzeptiert. Besonders in beliebten Nomadenzielen wie Bali, Kolumbien, Georgien oder kleineren Städten in Südostasien oder Mittelamerika ist es völlig normal, dass Amex abgelehnt wird.

Das bedeutet: Du brauchst immer eine Backup-Karte, meist eine Visa oder Mastercard. Amex ist in vielen Ländern nur Zierde im Geldbeutel – oder bestenfalls eine Ergänzung.

Zusatzkarten für Partner oder Familie – sinnvoll genutzt?

Ein Vorteil der Amex Platinum ist die Möglichkeit, bis zu vier kostenfreie Zusatzkarten auszustellen. Das lohnt sich besonders, wenn:

  • Partner oder Familienmitglieder gelegentlich alleine fliegen und dennoch Loungezugang erhalten sollen
  • alle Karteninhaber von Versicherungsleistungen profitieren (abhängig vom Wohnsitz und der Nutzung)

Aber Achtung: Loungezugang mit Zusatzkarten funktioniert in der Regel nur mit eigenem Priority Pass, der separat beantragt werden muss. Zudem gelten für Versicherungen teils Einschränkungen, z. B. bei allein reisenden Kindern oder Angehörigen ohne deutschen Wohnsitz.

Der größte Haken: Die 2% Fremdwährungsgebühr

Der aus unserer Sicht gravierendste Nachteil für Nomaden: Jede Zahlung außerhalb der Eurozone kostet dich 2% Aufschlag. Das ist bei täglichen Ausgaben im Ausland ein echter Kostenfresser.

Beispiel:

  • Monatliche Remote-Ausgaben in Asien oder Lateinamerika: 1.500 €
  • FX-Kosten mit Amex: 30 € im Monat360 € im Jahr

Zum Vergleich:

  • Wise, Revolut, N26: 0–1%
  • DKB oder Santander 1Plus Visa: meist gebührenfrei

Fazit: Wer viel im Ausland lebt und zahlt, verliert mit Amex unnötig Geld – jeden Monat.

Punkte sammeln – sinnvoll oder Spielerei?

Das Membership Rewards Programm galt lange als großer Vorteil: Für jeden Euro sammelst du Punkte, die du in Flüge oder Hotelnächte umwandeln kannst.

Was funktioniert:

  • Punkte verfallen nicht
  • Es gibt noch Transferpartner wie Singapore Airlines, British Airways, Marriott Bonvoy, Qatar Airways

Was sich verschlechtert hat:

  • Emirates Skywards ist neuerdings kein Partner mehr – ein schwerer Schlag für viele Nomaden, die häufig über Dubai oder Asien fliegen
  • Transferverhältnisse wurden verschlechtert (weniger Meilen pro Punkt)
  • Die besten Einlösungen erfordern tiefes Meilen-Knowhow und Planung

Für viele digitale Nomaden, die spontan buchen oder Billigflieger nutzen, ist das Punktesystem nicht relevant genug. Und Sachprämien? Im Amex-Shop oft völlig überteuert.

Reiseversicherungen – klingt besser, als es ist?

Die enthaltenen Versicherungen sind umfangreich – u. a. Krankenrücktransport, Gepäckversicherung, Mietwagenschutz, Reiserücktritt. Klingt stark, aber:

  • Viele Leistungen gelten nur, wenn die Reise vollständig mit Amex bezahlt wurde
  • Für Nomaden mit ständigem Auslandswohnsitz können Leistungen ausgeschlossen oder eingeschränkt sein
  • Einige Policen greifen nur bei Reisen mit Start in Deutschland oder der EU

Fazit: Für kurzfristige Reisen von Deutschland aus brauchbar – für echte Weltreisende sollte man lieber auf eine dedizierte internationale Langzeitversicherung setzen.

Guthaben & Vorteile – am Bedarf vorbei?

Viele der berühmten Amex-Vorteile sind an DACH gebunden:

  • 200 € Restaurantguthaben – gültig nur in bestimmten Partnerrestaurants in Deutschland, Österreich und der Schweiz
  • 200 € Reiseguthaben – nur über das Amex Reiseportal einlösbar
  • Weitere Boni (z. B. Shopping, Sixt Ride) oft nur mit Einschränkungen nutzbar

Eigene Erfahrung:

„Ich habe das Reiseguthaben in Deutschland für Mietwagen genutzt. Klingt praktisch – aber: Die Preise über das Amex-Portal lagen meist deutlich über denen auf den Websites der Anbieter direkt. Effektive Ersparnis am Ende? Vielleicht 100 statt 200 €, wenn überhaupt.“

Fazit: Für Aufenthalte in Deutschland kann man das Guthaben gezielt nutzen – aber für Weltreisende bleibt der Nutzen begrenzt und oft überschätzt.

Hotelstatus: Nice-to-have, aber selten genutzt

Die Platinum bringt Status bei Hilton, Marriott & Co. – was nett klingt. Aber:

  • Viele Nomaden schlafen in Airbnbs, Hostels oder Guesthouses
  • In manchen Ländern sind internationale Ketten kaum vertreten
  • Upgrades gelten oft nicht bei günstigsten Buchungsklassen oder via Drittportale

Fazit: Für klassische Geschäftsreisende ein Vorteil – für Langzeitreisende oft wertlos.

Persönliche Erfahrung: Warum eine „echte“ Kreditkarte trotzdem Sinn macht

Trotz aller Kritik: Eine echte Kreditkarte hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber Debitkarten. Ein Beispiel aus eigener Erfahrung:

„Ich habe einmal einen günstigen Langstreckenflug über eine Vergleichsseite gebucht – mit Debitkarte bezahlt (wegen besserem Wechselkurs). Die Buchung schlug fehl, aber das Geld wurde trotzdem blockiert. Ich musste 30 Tage auf die Rückerstattung warten. Mit einer Kreditkarte wäre das nie passiert – das Geld wäre nie abgebucht worden.“

Zusätzlich praktisch ist eine Kreditkarte auch beim Check-in in Hotels. Gerade bei Kettenhotels wird oft ein hoher Sicherheits-Deposit blockiert, der auf einer Debitkarte direkt vom Konto abgezogen wird. Mit einer Kreditkarte hingegen wird der Betrag nur reserviert – das Geld bleibt verfügbar.

Persönlicher Trick: Ich hinterlege bei Check-in meine Amex für den Deposit, und zahle die finale Rechnung dann beim Check-out mit einer FX-freundlichen Debitkarte. So kombiniere ich Sicherheit mit Kosteneffizienz.

Solche Situationen gibt es häufig bei Flügen, Hotels, Mietwagen. Dort sind Kreditkarten oft sicherer und zuverlässiger als Debitkarten.

App & Support: Funktioniert, aber minimalistisch

Die Amex App ist solide, schnell und aufgeräumt – aber inhaltlich eher minimalistisch:

  • Kaum Budgeting-Tools oder tiefe Statistiken
  • Keine direkte Multi-Konto-Anbindung oder Smart Features
  • Support ist telefonisch meist gut erreichbar, aber nicht 24/7 in allen Sprachen

Für digitale Nomaden, die viel mit Banking-Apps wie Revolut oder N26 arbeiten, wirkt die Amex-App etwas altbacken – aber funktional.

US-Amex als Alternative ohne FX-Gebühr

Eine interessante Option für Vielreisende ist die American Express Platinum aus den USA. Diese Version hat – anders als die europäische – keine Fremdwährungsgebühr und bietet viele vergleichbare Leistungen.

Und ja: Es ist möglich, auch als Nicht-US-Resident eine US-Amex zu erhalten. Die Beantragung ist aufwendiger, kann sich aber langfristig lohnen. Auch die Bank of Georgia bietet Ihren Solo-Bankkunden die Möglichkeit eine American Express Karte zu beziehen.

👉 Mehr zum Thema: US-Kreditkarten für Nicht-US-Bürger

Zahlungstipp: Amex bequem per Lastschrift abbuchen lassen

Die Monatsabrechnung der Amex Platinum lässt sich in Deutschland am einfachsten per SEPA-Lastschrift begleichen – z. B. direkt vom N26-Konto oder jeder anderen deutschen IBAN. Das sorgt für Komfort und verhindert Mahnungen bei verspäteter Überweisung.

Kündigung: Einfach möglich – mit kleinen Stolperfallen

Die gute Nachricht: Die Amex Platinum ist monatlich kündbar. Allerdings solltest du beachten:

  • Alle offenen Punkte sollten vorher übertragen werden – sonst verfallen sie
  • Restguthaben (z. B. Reise- oder Restaurantguthaben) verfallen anteilig
  • Die Zusatzkarten werden automatisch gekündigt – ggf. Backup einplanen

Wer also testet oder nur den Willkommensbonus mitnimmt, sollte rechtzeitig planen.

Und was ist mit Buchhaltung & Business?

  • Kein IBAN-Konto → keine Integration in Banking-Apps
  • Viele Leistungen (Guthaben, Concierge etc.) privat geprägt → schwierig absetzbar
  • Rechnungen & Ausgaben müssen oft manuell sortiert werden

Für ortsunabhängige Unternehmer, die ihre Buchhaltung vereinfachen wollen, ist die Amex Platinum nicht optimal.

AnbieterVorteile für Reisende
WiseMulticurrency-Konto mit sehr guten FX-Raten, ideal für Langzeitreisen. Zum Testbericht
Revolut MetalVirtuelle Karten, Reiseversicherungen, gute App – flexibles Finanztool für unterwegs
N26 You / MetalSolide Banklösung aus Deutschland mit guter App, Versicherungen & ohne FX-Gebühren. Zum Testbericht
CurveSmarte Karten-Kombi: alle Kreditkarten in einer, inkl. Rückdatierung, allerdings kein Amex-Support
DKB / AdvanziaKlassische Kreditkarten mit weltweit kostenloser Zahlung & Bargeldversorgung
BoG SOLOLokales Konto in Georgien (mit Visa Platinum), ideal für ortsunabhängige Unternehmer. Mehr erfahren

Diese Karten bieten oft genau das, was Nomaden brauchen – ohne Prestige, dafür mit fairen Konditionen.

Geheimtipp: Wer Amex will, sollte auf einen Willkommensbonus warten

Trotz aller Kritik gibt es eine Ausnahme, in der sich die Karte tatsächlich lohnen kann: Wenn du gezielt auf eine Aktion mit Willkommensbonus wartest und dann den Mindestumsatz erreichst, kannst du:

  • 30.000 bis 75.000 Punkte erhalten (je nach Aktion)
  • diese in 1–2 Business-Class-Flüge umwandeln (z. B. Asien oder USA mit Qatar, Singapore, Lufthansa etc.)

Wichtig:

  • Nur einmal pro Person möglich
  • Aktionen wechseln regelmäßig
  • Punkte verfallen nicht – du kannst sie langfristig planen

Wer also sowieso hohe Ausgaben plant (z. B. Umzug, Selbstständigkeit, Möbel, Technik), kann mit dem Bonus kurzfristig echten Mehrwert erzielen – ohne die Karte langfristig behalten zu müssen.

Fazit: Prestige ja – Praxis eher nein

Die Amex Platinum 2025 sieht gut aus, fühlt sich hochwertig an und bietet objektiv viele Leistungen. Aber für digitale Nomaden, Backpacker und ortsunabhängige Unternehmer gilt:

  • 2% FX-Gebühren sind inakzeptabel
  • Viele Vorteile sind an Deutschland gebunden
  • Guthaben & Punkte bringen nur was, wenn man sie gezielt nutzt
  • Für spontane, globale Lebensstile zu starr und zu teuer

Viele holen sich die Karte nicht, weil sie sie brauchen – sondern weil sie glauben, sie müssen sie haben. Doch Status ersetzt keinen echten Nutzen.

Wenn du sie strategisch einsetzt, oft Business-Class fliegst und hohe Ausgaben über die Karte laufen lässt, mag sich die Platinum lohnen.
Wenn du jedoch frei und flexibel durch die Welt reist, ist eine Kombination aus Visa/Mastercard, Wise, eSIM und individueller Reiseversicherung in 2025 die deutlich bessere Wahl.