In meinem Feed sehe ich täglich neue Luxusvillen in Bali. Jeder scheint jetzt Developer zu sein – der Ex-DJ, der Ex-Banker, der Ex-Bäcker. Und alle versprechen 15% Rendite pro Jahr. Klingt traumhaft? Zeit für einen Realitätscheck.
Der Hype um das Bali-Investment
Kaum ein Ort in Südostasien wird so romantisiert wie Bali. Sonne, Surf, Smoothiebowls – und angeblich supergünstige Immobilien, die sich per Airbnb zur Cashcow verwandeln. Kein Wunder, dass gerade unter digitalen Nomaden immer mehr überlegen, dort zu investieren.
Und die Angebote sind überall: In WhatsApp-Gruppen. Auf Instagram. In schicken Broschüren mit Drohnenaufnahmen und Excel-Kalkulationen, die aussehen wie ein Lottogewinn auf zwei Beinen.
Doch wie solide ist das Ganze wirklich?
1. Leasehold = Du mietest, nicht besitzt
Die meisten Angebote basieren auf einem „Leasehold“ – also einer zeitlich begrenzten Pacht, oft 25 oder 30 Jahre. Klingt lang? Vielleicht. Aber:
- Der Wert der Immobilie sinkt jedes Jahr, weil die Restlaufzeit kürzer wird.
- Eine Verlängerung ist theoretisch möglich – aber nicht garantiert. Und sie kostet.
- Beim Verkauf wird es schwierig, je näher das Ende des Leaseholds rückt.
Fazit: Du kaufst keine Immobilie, du mietest sie langfristig – inklusive aller Risiken.
2. 15% Rendite? Vielleicht brutto – netto eher so lala
„Bis zu 15 % ROI jährlich!“ – steht da. Klingt gut. Aber:
- Diese Zahl ist fast immer eine Bruttorendite, also ohne Abzug von Kosten.
- Management-Firma: Nimmt gerne 20–30 % vom Umsatz – egal, ob deine Villa belegt ist oder nicht.
- Booking-Plattformen: Ziehen weitere 10–15 % ab.
- Wartung & Personal: Reinigung, Poolpflege, Security… das alles kostet.
- Steuern: Indonesien verlangt auf Mieteinnahmen in der Regel pauschal 10 % Quellensteuer – und das auf den Gesamtumsatz, nicht auf den Gewinn. Du darfst keine Kosten gegenrechnen.
👉 Heißt: Selbst wenn du im Monat Minus machst, will der Staat seinen Anteil vom Bruttoumsatz.
👉 Am Ende bleibt oft nur ein überschaubarer Nettogewinn – wenn überhaupt.
3. Oversupply & sinkende Auslastung
In Hotspots wie Canggu, Berawa oder Uluwatu wird gebaut wie verrückt. Jeden Monat entstehen neue Villen. Was passiert?
- Angebot übersteigt Nachfrage: Die Auslastung sinkt.
- Preisdruck: Um Gäste zu gewinnen, senken viele Eigentümer die Preise.
- Saisonabhängigkeit: In der Regenzeit oder bei globalen Krisen (siehe: Corona) ist die Villa oft leer.
Der Markt ist brutal – und niemand garantiert dir Buchungen.
4. Du bist abhängig – vom Tourismus und Algorithmen
Dein Investment hängt von Airbnb, Booking.com, TikTok und den Launen der Traveller-Welt ab. Wenn der Algorithmus dich nicht mehr mag oder sich der Trend verschiebt, war’s das mit den Buchungen.
Ganz zu schweigen von:
- Naturkatastrophen
- Währungsschwankungen
- Politischen Änderungen (z. B. Aufenthaltsregeln, neue Steuergesetze)
5. Als Ausländer hast du keine echte Kontrolle
Rechtlich ist das ganze oft eine Grauzone:
- Landbesitz durch Ausländer? Verboten.
- Viele nutzen Konstrukte wie eine PT PMA (Firmenstruktur) oder lokale „Nominees“, die offiziell Eigentümer sind. Doch was, wenn es Streit gibt oder das Gesetz sich ändert?
👉 Die Rechtssicherheit ist gering, und du hast im Zweifel schlechte Karten.
6. Kein Aufenthaltstitel durch Immobilienkauf
Ein weiteres Missverständnis: Viele glauben, der Kauf einer Villa würde automatisch zu einem dauerhaften Aufenthaltstitel in Indonesien führen. Doch das stimmt nicht.
- Die meisten Leasehold-Strukturen qualifizieren nicht für das „Second Home Visa“.
- Auch wenn du mehrere Hunderttausend Euro investierst, bekommst du keinen automatischen Wohnsitz.
- Das „My Second Home Visa“ verlangt aktuell einen Nachweis über Vermögen auf indonesischen Konten – Immobilien zählen nicht.
Fazit: Du investierst viel Geld in ein Land, in dem du – rechtlich gesehen – nur Tourist bleibst, es sei denn, du findest einen anderen Weg über Firmenstruktur, Ehe oder KITAS (z. B. als Investor oder digitaler Nomade).
7. Exit-Strategie? Meist Fehlanzeige.
Willst du irgendwann verkaufen, wird’s schwer:
- Für Leasehold-Villen mit nur noch 15 Jahren Restlaufzeit findet sich kaum ein Käufer.
- Für viele Investoren gibt’s keinen liquiden Markt, keine geregelte Plattform, keine Garantie auf Rückfluss.
8. Was Social Media dir nicht zeigt
Die Instagram-Videos mit Infinity-Pool und Sonnenuntergang zeigen nicht:
- Die Stromausfälle.
- Die schlechte Bauqualität vieler Schnellprojekte.
- Die lokale Bürokratie und Korruption.
- Und vor allem nicht die Excel-Tabelle am Ende des Jahres, wenn du deine tatsächliche Rendite ausrechnest.
Für wen kann es sich trotzdem lohnen?
Wenn du…
- vor Ort wohnst,
- lokale Partner hast,
- ein tiefes Verständnis des Marktes mitbringst,
- und bereit bist, dich aktiv um alles zu kümmern –
…dann kann ein Immobilienprojekt sinnvoll sein.
Für alle anderen gilt: Besser erst mal mieten – und genießen.
Konsumieren statt spekulieren
Wer in Bali lebt, weiß: Für den Preis einer mittelklassigen Villa-Investition (z. B. 200.000 €) kannst du jahrelang gut wohnen, essen, surfen und leben – ohne Management-Stress, ohne Papierkram, ohne lokale Risiken.
Und vielleicht noch wichtiger: Du behältst dir deine Flexibilität.
- Du kannst jederzeit den Ort wechseln – von Canggu nach Uluwatu, von Bali nach Thailand oder Vietnam.
- Du kannst deine Unterkunft vergrößern oder verkleinern, je nachdem, ob du alleine reist, Besuch bekommst oder mit Partner unterwegs bist.
- Du bist nicht gebunden an ein einziges Investment, das dich mental und finanziell festnagelt.
Statt einer Immobilie, die dich Jahre bindet, investierst du in Freiheit, Optionen – und echtes Leben.
Vielleicht ist das der bessere ROI.