Wer Italien kennt, denkt an Toskana, Rom oder Amalfi. Doch ganz im Süden, in Apulien, ragt ein geheimnisvolles Stück Land in die Adria: der Gargano. Schroffe Felsen, die ins Meer stürzen, uralte Wälder, versteckte Buchten und weiße Städtchen, die wie Nester auf den Klippen thronen – Gargano ist Italiens wilder Sporn. Eine Region, die noch nicht von Touristen überlaufen ist und dadurch ihre Seele bewahrt hat.
Anreise & Einstieg
Der Gargano liegt abseits der großen Verkehrsachsen – gerade das macht seinen Reiz aus. Der nächstgelegene größere Flughafen ist Bari, etwa zwei Autostunden entfernt. Auch Brindisi oder Neapel sind Alternativen. Wer mit dem Zug kommt, fährt bis Foggia; von dort geht es mit Regionalbahnen oder besser mit dem Auto weiter. Ein Mietwagen ist nahezu unverzichtbar, um die versteckten Strände, Bergdörfer und Wälder zu entdecken. Die Straßen sind oft kurvig, die Ausblicke spektakulär – eine Fahrt wird hier schon Teil des Erlebnisses.
Regionen & Sehenswürdigkeiten
Peschici & Vieste – Perlen an der Küste

Peschici thront wie ein weißes Schiff auf einem Felsen, die Altstadt ist ein Labyrinth aus Gassen, Torbögen und kleinen Plätzen. Abends, wenn die Sonne über der Adria untergeht und die Häuser golden leuchten, versteht man sofort, warum dieser Ort verzaubert. Vieste, ein Stück weiter südlich, gilt als das Juwel der Gargano-Küste. Hier wechseln sich lange Sandstrände mit dramatischen Kalkfelsen ab. Das Wahrzeichen, der Pizzomunno-Felsen, steht wie ein Wächter am Strand – eine Legende rankt sich um ihn, die von Liebe und Treue erzählt.
Tremiti-Inseln – Italiens Karibik

Nur eine Stunde mit dem Boot vor der Küste liegen die Tremiti-Inseln. Kristallklares Wasser, Unterwasserhöhlen und bunte Fischschwärme machen sie zu einem Paradies für Schnorchler und Taucher. San Domino mit seinen Kiefernwäldern und Grotten, San Nicola mit einer mächtigen Abtei – die Inseln sind klein, aber voller Geschichte und Natur. Wer einmal dort war, versteht, warum sie als „Perlen der Adria“ gelten.
Foresta Umbra – der uralte Wald
Im Herzen des Gargano breitet sich die Foresta Umbra aus, ein UNESCO-Biosphärenreservat. Hier wachsen jahrhundertealte Buchen, Eichen und Ahornbäume, Moose bedecken den Boden, und das Licht fällt wie durch ein grünes Dach. Wanderwege führen zu Lichtungen, in denen Wildschweine und Rehe unterwegs sind. Im Sommer ist es angenehm kühl, im Herbst verwandeln sich die Wälder in ein Farbenmeer. Ein Ort, um zu entschleunigen und das leise Rauschen der Natur zu hören.
Mattinata & die Küste
Südlich von Vieste beginnt die Steilküste bei Mattinata. Kalksteinfelsen ragen in die Höhe, dazwischen liegen kleine Kiesbuchten, die nur zu Fuß oder per Boot erreichbar sind. Wer hier unterwegs ist, sollte eine Tour mit dem Fischerboot wagen – die Grotten wie die Grotta Sfondata oder die Grotta dei Contrabbandieri offenbaren ein Spiel von Licht und Meer, das atemberaubend ist.
Routen & Tagestouren
Der Gargano eignet sich sowohl für kurze Trips als auch für längere Entdeckungen. Ein Tag reicht, um die Küste zwischen Vieste und Mattinata mit Bootstour und Strandbesuch zu erleben. Drei Tage erlauben die Kombination aus Küste, Wald und einem Abstecher nach Peschici. Eine Woche eröffnet Raum, auch die Tremiti-Inseln und abgelegene Bergdörfer einzubinden. Wer den Gargano mit Apulien kombiniert, erlebt ein Kaleidoskop aus Meer, Wald, Kultur und Küche.
Outdoor & Natur erleben
Wandern in der Foresta Umbra, Kajakfahren entlang der Küste, Mountainbiken durch Olivenhaine – Gargano ist ein Outdoor-Paradies. Besonders eindrucksvoll ist eine Bootstour zu den Meeresgrotten, bei der man zwischen Felsen hindurchfährt, das Echo der Wellen hört und in einsamen Buchten schwimmt. Auch Schnorcheln und Tauchen sind möglich, vor allem bei den Tremiti-Inseln.
Kultur & Kulinarik
Der Gargano hat tiefe Wurzeln. In Monte Sant’Angelo liegt eine Wallfahrtskirche, die seit Jahrhunderten Pilger anzieht. San Giovanni Rotondo ist berühmt durch Padre Pio. Doch auch die kleinen Dörfer sind voller Geschichten: Enge Gassen, in denen Kinder spielen, uralte Kirchen, Märkte voller Farben.
Kulinarisch ist die Region ein Traum. Frischer Fisch und Meeresfrüchte sind allgegenwärtig, ebenso Orecchiette mit Gemüse oder Wildkräutern. Probieren sollte man den Caciocavallo-Käse, der traditionell über dem Feuer gereift wird, und Olivenöl aus jahrhundertealten Hainen. Abends in einer Trattoria zu sitzen, während die Grillen zirpen, gehört zu den schönsten Momenten.
Beste Reisezeit
Die beste Zeit für den Gargano ist Frühjahr und Herbst. Dann sind die Temperaturen mild, die Natur zeigt sich von ihrer schönsten Seite, und die Strände sind nicht überfüllt. Im Sommer wird es lebhaft, die Italiener verbringen ihre Ferien hier. Wer Ruhe sucht, meidet August und Juli. Der Winter ist still und authentisch – eine Zeit, in der man die Seele der Region besonders spürt.
Übernachten
Von einfachen Pensionen bis zu charmanten Agriturismi reicht die Auswahl. Besonders reizvoll sind Masserien – alte Bauernhöfe, die liebevoll restauriert wurden. Hier schläft man in historischen Mauern, umgeben von Olivenbäumen, und genießt hausgemachte Spezialitäten. Auch kleine Boutique-Hotels in Vieste oder Peschici bieten Meerblick und familiäre Atmosphäre.
Internet & eSIM
Im Gargano ist die Netzabdeckung an der Küste solide, im Wald und auf den Tremiti-Inseln dagegen eingeschränkt. Für Reisende sind eSIM-Anbieter wie Airalo oder Holafly praktisch, um flexibel Daten zu buchen. Wer viel reist, findet im Pangia Pass eine spannende Alternative, die auch in Nachbarländern funktioniert.
Gesundheit & Versicherung
Medizinische Versorgung gibt es in den größeren Orten, kleinere Dörfer sind eher rudimentär ausgestattet. Für Reisende ist eine Auslandskrankenversicherung Pflicht – etwa mit der HanseMerkur. Digitale Nomaden oder Langzeitreisende fahren gut mit internationalen Versicherungen wie Genki, die weltweit flexibel absichern.
Nachhaltig reisen
Der Gargano ist sensibel. Wer hier unterwegs ist, sollte Müll vermeiden, lokale Produkte kaufen und respektvoll mit Natur und Kultur umgehen. Bootstouren wählt man am besten bei kleinen, lokalen Anbietern. Wanderwege sind markiert – abseits der Pfade leidet die Vegetation. Nachhaltigkeit bedeutet hier auch: langsam reisen und Zeit geben, die Region wirklich kennenzulernen.
Praktische Tipps
- Sonnenschutz ist Pflicht, die Sonne an der Küste brennt stark.
- Gutes Schuhwerk für Waldwanderungen mitnehmen.
- Bargeld nicht vergessen: In kleinen Orten sind Geldautomaten rar.
- Parkplätze im Sommer frühzeitig suchen, besonders in Vieste und Peschici.
Fazit
Der Gargano ist kein klassisches Touristenziel, sondern eine Region voller Seele. Wer hierherkommt, findet wilde Natur, stille Buchten, tief verwurzelte Kultur und eine Küche, die auf den Punkt bringt, was Italien ausmacht. Es ist ein Ort, der nicht auf den ersten Blick laut glänzt, sondern auf den zweiten Blick tief berührt. Ein Geheimnis, das man am besten mit offenen Augen, Zeit und Neugier entdeckt.
Foto von Gildo Cancelli auf Pexels


