Nicht ohne meine beste Freundin oder meinen besten Freund … oder doch?

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Für mich ist allein reisen fast immer eine Option und oft sogar die bessere Alternative, es sei denn, es geht nach Südafrika, China oder über die Alpen. Scherz beiseite! Pauschal gibt es bei diesem Thema kein besser oder schlechter und kein richtig oder falsch, denn nicht nur tickt jede Einzelperson anders, sondern auch jede Freundschaft! Ich habe mir trotzdem mal ein paar Gedanken dazu gemacht. Ich war ja auch nicht von Geburt an eine überzeugte Alleinreisende, sondern habe mich zu einer entwickelt.

Durch dick und dünn, egal was kommt!

Klar, es liegt auf der Hand, das Projekt Reise mit deiner besten Freundin oder deinem guten Kumpel zu planen und es dann auch gemeinsam zu starten. Immerhin kennt ihr euch, meistens auch schon ziemlich lange, und habt bereits eine Menge zusammen erlebt. Aber über eines solltest du dir klar sein: In einem fernen Land, mit einer anderen Kultur, gewöhnungsbedürftigen hygienischen Verhältnissen oder exotischen Speisekarten entdeckst du manchmal ganz neue Züge an deinen Freunden. Auf einmal will dein sonst so aufgeschlossener Bekannter aus Angst vor einer Magenverstimmung partout nichts im Straßenrestaurant essen, entwickelt auf einmal eine Phobie gegenüber günstiger Schlafsäle und besteht auf ein kostenintensiveres Hotel oder fühlt sich vernachlässigt, wenn du dich mit deinen fließenden Spanischkenntnissen in Mexiko ins Getümmel stürzt. Nicht alle neuen Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen werden dir gefallen und einige können dich auch echt – sowohl positiv als auch negativ – überraschen. Wenn der zweite Punkt der Fall ist, musst du sie akzeptieren und dich mitunter sehr kompromissbereit zeigen.

Es gibt ja auch solche und solche Freunde. Manchen ticken eben wie du, da kann das Zusammenreisen eine wunderbare Sache werden. Manche sind aber aufgrund anderer Qualitäten wunderbare Menschen an deiner Seite. Doch genauso wenig, wie du mit ihnen zusammenwohnen wollen würdest, solltest du dich mit ihnen auf eine Rucksackreise begeben.

 

Best Case Scenario: ein Herz und eine Seele auch am anderen Ende der Welt!

Wir kennen uns doch so gut, was soll da schief gehen?

Genau das kann am Ende zum Problem werden. Wenn du jemanden gut kennst, dann wirst du auch viel schneller persönlich und traust dich, dein Gegenüber mit deinen Launen zu nerven, auf seine Fehler anzusprechen oder andersherum beleidigt zu sein, wenn es um deine eigenen Unzulänglichkeiten geht. Mit fremden Leuten ist deine Toleranzschwelle erfahrungsgemäß ein bisschen höher und Kleinigkeiten werden viel seltener zum Stimmungskiller. Du bist automatisch etwas höflicher und hilfsbereiter und hältst dich in manchen Dingen zurück. Oder machst dich eben ganz aus dem Staub, wenn dir die Person überhaupt nicht passt. Das kannst du bei einem Freund natürlich nicht bringen, denn ihr werdet beziehungsweise wollt euch ja auf jeden Fall wiedersehen und zu Hause eure Freundschaft weiterführen! Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber es gibt sogar Menschen, und zwar nicht nur Paare, die nach einem gemeinsamen Urlaub nie wieder ein Wort miteinander geredet haben!

Nicht immer ist allein die beste Lösung

Bestimmt gibt es Menschen, die sich in jedem Land der Erde allein gut durchschlagen können. Aber dafür ist nicht jeder gemacht. Denn neben allen Abenteuern soll es ja doch auch einfach ein unvergesslicher Trip mit schönen Erinnerungen werden und nicht nur eine Reise, die dich permanent vor Herausforderungen stellt. Ich bin auch nicht immer allein losgezogen. Südafrika habe ich beispielsweise mit drei Freundinnen gemacht, unter anderem war Feli dabei. Wir hatten dort ein Auto und das war wunderbar, für mich allein wäre so eine Tour schlecht umsetzbar gewesen, ich fahre nämlich nicht selbst. Oder China. Da war ich mit Feli und einer weiteren Freundin unterwegs. In dem Land hatten wir echt den einen oder anderen Kulturschock und es war so schwierig, sich zu verständigen – ich denke, wir waren alle drei ganz froh drüber, dass wir uns hatten und die gleiche Sprache sprechen. Außerdem sind wir kaum anderen Rucksackreisenden begegnet. Allein wäre es tatsächlich ziemlich einsam geworden.

 

So hätte ich in Südafrika wohl ohne meine Mädels am Straßenrand gestanden.

Ob zusammen oder allein – Hauptsache reisen!

Ob du dich nun also allein auf den Weg machst oder jemanden aus deinem Freundeskreis mitnimmst – es kommt immer auf das Ziel selbst, auf deine Erfahrungen und natürlich auf deine Persönlichkeit an. Ein Städtetrip oder ein Aktivurlaub sind ja auch noch mal etwas anderes als eine Rucksackreise. Wenn du dich einfach besser in Begleitung fühlst, dann reise mit jemandem zusammen. Wichtig ist doch am Ende, dass du reist. Außerdem ist ja nichts in Stein gemeißelt. Entwickelst du wirklich andere Vorstellungen als deine Freundin oder dein Freund, können sich eure Wege ja auch für eine Weile trennen, jeder zieht sein Ding durch und nach einer Woche macht ihr wieder zusammen weiter. Gerade bei Langzeitreisen zu zweit bietet sich das an, denn es ist ja ganz normal, dass die Interessen unterschiedlich sind. Wenn es dich allerdings auch mal reizt, ganz allein loszuziehen, dann probiere es auf jeden Fall aus – es lohnt sich und es ist immer gut, neue Erfahrungen zu machen und die eigenen Grenzen zu überschreiten. Danach kannst du immer noch sagen: Nie wieder!

Beide Reiseformen haben, wie so vieles im Leben, ihre Vorzüge und ihre Schattenseiten. Ich habe die Vorteile noch einmal zusammengefasst. Die Liste ist natürlich nicht vollständig und subjektiv geprägt.

Vorteile beim Reisen mit Freunden

  • Du kannst das Abenteuer Reise zusammen mit deiner Freundin oder deinem Freund erleben.
  • Nach der Rückkehr hast du immer jemanden, mit dem du in Erinnerungen schwelgen kannst.
  • Du hast eine Person an deiner Seite, die du kennst und der du vertraust.
  • Du hast immer eine Begleitung und läufst nicht Gefahr, irgendwo allein dazustehen.
  • Du bist nicht darauf angewiesen, andauernd neue Leute kennenzulernen und ersparst dir die obligatorischen, manchmal anstrengenden, Small-Talk-Phasen.
  • Du kannst viele Kosten, etwa für das Taxi oder für ein Doppelzimmer, teilen.
  • Du profitierst von den Stärken deines Reisepartners, beispielsweise Führerschein, Sprachkenntnisse, Verhandlungsgeschick etc.
  • Du musst nicht alles allein organisieren, etwa die nächste Unterkunft oder Bustickets.
  • Du fühlst dich, beispielsweise in nicht so einfachen Ländern für alleinreisende Frauen, einfach sicherer.

 

Ohne diese beiden hätte ich in China bestimmt nicht so viel Spaß gehabt und würde immer noch in Shanghai herumirren …

Vorteile beim Alleinreisen

  • Du musst keine Kompromisse machen.
  • Du kannst dir deine Zeit genau so einteilen, wie du willst.
  • Du lernst mehr neue Leute kennen.
  • Dein Selbstbewusstsein und deine Persönlichkeit werden gestärkt, denn in allen Situationen kommt es auf deine Meinung und deine Entscheidung an.
  • Du verbesserst deine sozialen Kompetenzen, denn du wirst auf fremde Menschen zugehen bzw. dich unbekannten Gleichgesinnten öffnen müssen, wenn du in Gesellschaft sein willst.
  • Du lernst, mit dir allein zu sein, und diesen Zustand zu genießen.
  • Du verbesserst deine Fremdsprachkenntnisse, weil du viel häufiger gezwungen sein wirst, dein Englisch, Französisch, Spanisch etc. anzuwenden.
  • Du setzt keine Freundschaft aufs Spiel, die in der Heimat prima funktioniert.

Wie sieht’s bei dir aus?

Was ich während meiner Solo-Reisen am meisten zu schätzen gelernt habe, ist wirklich die totale Unabhängigkeit. Ich muss mich mit niemandem abstimmen, was die Route angeht, ich kann den Bus um die Zeit nehmen, die mir spontan passt, und ich kann einen Tag länger in einem Ort bleiben, ohne das diskutieren zu müssen. Nicht, dass ich nicht kompromissbereit wäre, aber wenn ich reise, bin ich das eben nicht so gern und habe keine Lust auf zeitliche Abstimmungen oder sogar Unstimmigkeiten.

Und du? Machst du deine Trips am liebsten in Eigenregie? Oder gab es auch schon mal einen Fleck auf der Ecke, an dem du froh warst, dass du nicht ganz allein losgezogen bist?

 

Ulrike hat rund 15 Jahre Reiseerfahrungen, viele schöne Erinnerungen und immer neue Ideen im Gepäck. Nachdem der Jakobsweg ihrem Leben 2016 eine neue Richtung gewiesen hat, pendelt sie zwischen Deutschland und Spanien hin und her. Seit Anfang 2017 ist sie freiberufliche Redakteurin. Mehr unter www.ulrikekraenz.de.

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